Schadensersatzanspruch gegen den behandelnden Arzt wegen Lebenserhaltung?

Das OLG München verurteilte einen Arzt zu Schadensersatz, weil dieser einen Patienten (zu lange) am Leben erhielt (Urteil vom 21.12.2017, Az. 1 U 454/17). Der Mann war tödlich erkrankt und stark dement. In den Jahren 2010 und 2011 sei er künstlich ernährt und so am Leben gehalten worden, ohne dass Aussicht auf Besserung bestanden habe. Sein Sohn verlangt nun Schadensersatz für die Leiden seines Vaters und Ersatz für die Behandlungskosten, obwohl der Arzt die Möglichkeiten mit dem Betreuer des kranken Mannes diskutiert und dieser sich für die Fortsetzung lebenserhaltender Maßnahmen ausgesprochen habe.

Bereits die Vorinstanz, das Landgericht München, hatte in den lebenserhaltenden Maßnahmen einen Behandlungsfehler und somit einen „Schaden“ im Leben des Erkrankten gesehen. Dennoch sei nicht nachgewiesen, dass der Fehler kausal für den Schaden sei. So begründe das Handeln des Arztes im Ergebnis keinen Schadensersatzanspruch.

Das Oberlandesgericht schloss sich weitestgehend der Vorinstanz an, kam aber zu einer Haftung des Arztes. Bereits im Jahr 1994 zeigte eine Entscheidung des BGH, dass Mediziner nicht immer absolute Pflicht zur Lebenserhaltung hätten. Ziemlich optimistisch stellte der Vertreter des Klägers dar, dass diese Entscheidung Ärzte keiner Rechtsunsicherheit aussetzen würde und er auch keinen Konflikt mit dem Standesrecht der Ärzte sehe.

Da beide Parteien in Revision gehen wollen, wird der Fall vermutlich vom BGH entschieden.

Good Clinical Practice-Schulung

Rechtsanwalt Dr. Ruppel wird heute erneut Ärzte und Pharmazeuten zu juristischen Fragen der „guten klinischen Praxis“ bei klinischen Studien an der Universität Greifswald schulen. Im Mittelpunkt stehen die immer noch nicht in Kraft getretenen Neuregelungen einer entsprechenden europäischen Verordnung, vor allem zur Einwilligung und zu klinischen Studien an Minderjährigen und nicht einwilligungsfähigen Personen.

Patientenverfügungen – was müssen junge Ärzte beachten?

Rechtsanwalt Dr. Ruppel hat einen kleinen Beitrag im Karger Kompass Pneumologie (Heft 5/2017, S. 103f) zum Thema „Patientenverfügungen – was müssen junge Ärzte beachten?“ veröffentlicht. Er berät Ärzte, Pflegekräfte, Heimbetreiber, Privatpersonen und auch Unternehmer zur Erstellung und zum Umgang mit Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. Sprechen Sie uns an: Telefon 0451 / 29 366 500.

Jameda, Sanego und andere Arztbewertungsportale – wie wehren?

Positive Bewertungen sind beliebt, negative ungern gesehen. Wie können sich angestellte oder niedergelassene Ärzte gegen falsche Bewertungen oder ungerechtfertigte Kritik an den Behandlungsmethoden, am Personal oder der Praxisausstattung wehren?

Dieser Frage ist Rechtsanwalt Dr. rer. med. Thomas Ruppel in einem Beitrag „Ärztebewertung im Internet – wie wehrt man sich gegen ungerechte Bewertungen?“ nachgegangen.

Rechtsanwälte Dr. Ruppel stehen Ärzten und anderen Angehörigen von Heilberufen bei der Abwehr ungerechtfertigter Bewertungen zur Seite.

Buchankündigung: Haftungsfragen bei der Freiwilligen Feuerwehr

Dr. Thomas Ruppel ist nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch seit vielen Jahren in Freiwilligen Feuerwehren aktiv. Die Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Ruppel berät deshalb nicht nur im gesamten Medizinrecht, sondern auch bei Rechtsfragen rund um Feuerwehr und Rettungsdienst. Im Mittelpunkt stehen dabei häufig Haftungsansprüche. Genau zu diesem Thema erscheint noch in diesem Jahr ein Buch „Wer haftet, wenn was passiert?“ im Ecomed-Verlag, welches Dr. Ruppel mit seinen Co-Autoren, der in der Feuerwehr Düsseldorf aktiven Rechtsanwältin Barbara Timm und dem in Dortmund aktiven Rechtsanwalt Jörg Müssig verfasst hat.

Das Werk behandelt anschaulich mit vielen Beispielen und auch für juristische Laien gut verständlich typische Haftungsrisiken, ausgehend von Einsatzszenarien

  • Weg zur Wache
  • Anfahrt
  • Sonderrechte
  • Rechte und Pflichten an der Einsatzstelle
  • Brandwache
  • Übergabe der Einsatzstelle

und typischen Situationen außerhalb von Einsätzen, etwa

  • im Feuerwehrverein
  • bei der Öffentlichkeitsarbeit
  • Tagen der offenen Tür
  • bis hin zu Festumzügen.

Eine Besonderheit des Buches des Buches ist es dabei, dass es nicht einer für Laien nur schwer nachvollziehbare juristischen Gliederung folgt, sondern konsequent an den Einsatz- und Übungserfahrungen der Freiwilligen Feuerwehr ausgerichtet ist.

Abgerundet wird das Werk durch eine gut verständlichen juristischen Teil rund um

  • Zivilrechtliche Haftung aus Vertrag, unerlaubter Handlung
  • Amtshaftung
  • Ordnungswidrigkeiten (insbesondere Verkehrsordnungswidrigkeiten) und
  • Strafrecht.

Das Werk wird knapp 30 Euro kosten und ist im Buchhandel und auch bei Amazon erhältlich. Vorbestellen und Kaufen lohnt sich!

„Pille danach“ in katholischen Krankenhäusern

In dem berichteten Fällen, in denen sich öffentlich finanzierte, von der katholischen Kirche getragene Krankenhäuser, geweigert hatten, vergewaltigten Frauen eine „Pille danach“ zu verschreiben und sie entsprechend zu behandeln, kam in den letzten Wochen einige mediale Bewegung.

Während sich manche über zaghafte Versuche des Kölner Kardinals wunderten, von seiner ultra-konservativen Haltung ein Stück weit abzurücken (die Süddeutsche Zeitung spricht vom „Revolutiönchen„), weisen andere darauf hin, dass die geschilderten Kölner Fälle wohl verbreitet seien. Unterdessen prüft die grüne NRW-Gesundheitsministerin, ob in der Abweisung nicht ein Verstoß gegen den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser vorläge.

Dort, wo auf dem Gelände der katholischen Kliniken die „Pille danach“ verschrieben worden wäre, sei dies nicht durch katholische Ärzte, sondern durch die Praxen des Kassenärztlichen Notdienstes, die die öffentlich-rechtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen außerhalb der Öffnungszeiten der Vetragsarztpraxen anbieten, geschehen

Man darf gespannt sein, wie wie sich das Konfliktfeld aus amtskirchlicher Moral, öffentlich finanzierten Krankenhäusern und Patientenrechten entwickelt.

Das Bundesverfassungsgericht, das Recht auf Gesundheit und die U-Haft

Das Bundesverfassungsgericht hat, wie jetzt aus der Tagespresse (leider mit falschen Aktenzeichen) zu erfahren war, der Verfassungsbeschwerde eines Untersuchungshäftlings stattgegeben, der – u.a. – als Nichtraucher über mehrere Tage mit stark rauchendenden Mithäftlingen inhaftiert war.

Weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht, der Innenminister oder die Justizministerin noch der Petitionsausschuss des Landtages haben nach Bericht der Tagespresse hierin ein Problem gesehen.

Der Karlsruher Schlossbezirk sah das anders und u.a. das Grundrecht auf Gesundheit nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 Var. 2 GG und in diesem Fall sogar die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Nun könnte man einwenden, dass die Karlsruher Richter eben besonders grundrechtssensibel sind – was ja auch ihre Aufgabe, aber zugleich nach Art. 1 Abs. 3 auch die aller Fachgerichte, Ministerien und des Petitionsausschusses – ist, jedoch halte ich die Entscheidungsbegründung für – die Metapher sei hier erlaubt – starken Tobak für Instanzgerichte und Ministerien.

Dort heißt es etwa:

„Es stellt einen erheblichen Eingriff in des Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 1 GG dar, dass der Beschwerdeführer als Nichtraucher gegen seinen Willen für mehrere Tage mit zwei stark rauchenden Mitgefangenen in einem Haftraum untergebracht war.“ (Orientierungssatz 5a)

„Zudem hat es das LG [= Landgericht] unterlassen, die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu prüfen.“ (Orientierungssatz 5a)

So fehlt es bereits an der gebotenen Sachaufklärung hinsichtlich der Frage, ob der Eingriff erforderlich war. Die Stellungnahme der JVA, auf die sich das LG stütze, enthielt noch nicht einmal eine ausdrückliche Feststellung des Inhalts, dass in einer gemeinsamen Unterbringung des Beschwerdeführers mit zwei rauchenden Mitgefangenen tatsächlich die einzige Möglichkeit der sicheren Unterbringung des Beschwerdeführers bestand.“

 „Auch die Zumutbarkeit des Eingriffs wurde nicht hinreichend geprüft. Nach den dargelegten Maßstäben können nicht beliebige Einschränkungen damit gerechtfertigt werden, die gegebene Ausstattung der Justizvollzugsanstalt lasse nichts anderes zu.“

Zusammengefasst scheint es also so, dass alle Beteiligten vor den Grundrechten des Beschwerdeführers die Augen fest zugekniffen haben, nichts sehen und auch nichts hören wollten. Anders sind die eklatanten Fehler, die das BVerfG hier vorwirft kaum erklärbar. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung etwa lernt der geneigte Student im ersten Semester der Vorlesungen zum öffentlichen Recht.

Aktenzeichen der zitierten Entscheidung: 2 BvR 737/11

„Katholische Krankenhäuser dürfen Vergewaltigungsopfer nicht über die Pille danach aufklären“

Heute schlicht nur der Hinweis auf einen Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers, der wie folgt eingeleitetet wird:

„Katholische Krankenhäuser dürfen Vergewaltigungsopfer nicht über die Pille danach aufklären. Notärztin Irmgard Maiworm schildert den Fall einer Kölnerin, deren Untersuchung vom Vinzenz-Hospital und vom Heilig-Geist-Krankenhaus abgelehnt wurde.“

Vielleicht ist also in solchen Fällen besser nicht in katholische Krankenhäuser gehen. Ich bin gespannt, wie sich dieser Fall entwickelt.

Wie stellt sich dies eigentlich aus grundrechtlicher und arzthaftungsrechtlicher Perspektive dar? Und hinsichtlich des Behandlungsanspruches eines GKV-Patienten?

 

Schwein gehabt…

Wie man heute der Fach- und Lokalpresse entnehmen kann, wurde in Thüringen geplant, nicht-ärztliches „wehrmedizinisches“ Personal an (noch) lebenden Schweinen auszubilden, und diesen unter anderem Amputationsverletzungen, Schuss- und Stichwunden zuzufügen. Das Verwaltungsgericht hat signalisiert, die Klage gegen das untersagende und damit beklagte Land abzuweisen, weshalb das klagende Unternehmen diese zurückzog.

Eine andere Fachzeitschrift berichtet, dass das Unternehmen in den USA „fast 15 000 Schweine auf diese Weise verstümmelt und getötet“ habe.

Man fühlt sich an die Vorlesungen zu den Grundrechten im Studium erinnert, bei denen etwa schulmäßig das Schächten von Tieren auf seine Zulässigkeit überprüft werden sollte. Was wiegt schwerer, die (ohne Gesetzesvorbehalt gewährte) Religionsausübungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 2 GG oder die Rechte der Tiere, auf Verfassungebene geschützt durch die Staatszielbestimmung (kein Grundrecht, wie man im ersten Semester lernt) des Art. 20a GG?

Hier hätte der Kläger aus verfassungsrechtlicher Sicht „nur“ die deutlich einfacher einschränktbare Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG in die Waagschale legen können.

Abseits davon kann ich aus mehrjähriger Feuerwehr- und sehr sehr bescheidener rettungsdienstlicher Tätigkeit einem zitierten Gutachter nur zustimmen, dass – bei aller Wichtigkeit praktischer Ausbildungen zum Erlernen von Handgriffen –  sich im Zweifel echte Einsatzbedingungen nicht, oder nur sehr wage simulieren lassen.

Einen PKW auf dem Übungshof fachgerecht zu zerschneiden ist immer noch etwas anderes, als einen solchen nachts auf der Landstraße, auf dem Dach liegend mit eingeklemmten Personen vorzufinden.

Ansonsten: Schwein gehabt…