Über die bereits genannten Modifizierungen im Mietrecht erfindet das Folgenmilderungsgesetz ein neues Leistungverweigerungsrecht innerhalb bestimmter Dauerschuldverhältnisse. Unter anderem können Kleinstunternehmer zum Schutz ihres Unternehmens in laufenden Vertragsbeziehungen die Leistung (also Zahlung) verweigern, wenn sie ihnen infolge der Pandemie entweder gar nicht mehr oder nicht ohne Gefährdung des Unternehmens möglich ist, Art. 240 § 1 Abs. 2 EGBGB
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Ein Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der
Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der
Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl.
L 124 vom 20.5.2003, S. 36) hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung
eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Vertrag steht, der ein
Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen
wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn infolge von
Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind,
1.
das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder
2.
dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der
wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich
wäre.
Kleinstunternehmer
ist, wer 9
Personen oder
weniger beschäftigt
und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. EUR nicht
überschreitet. Außerdem
muss
ein Vertrag betroffen sein,
der ein „wesentliches Dauerschuldverhältnis“ darstellt. Er muss
gem. Art. 240 § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB
zur
Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines
Erwerbsbetriebs erforderlich
sein.
Darunter
dürfte – als Gegenprobe – jeder Bezugsgegenstand fallen, ohne
den ein ordnungsgemäßer Praxisbetrieb nicht möglich ist. Diese
Hürden
sind
also schnell genommen. Dennoch sollte auch bei dieser
Entlastungsregelung vorausschauend
und mit der nötigen Vorsicht agiert werden.
Gem.
Abs. 4 gilt Art.
240 § 1 Abs. 2 EGBGB
nicht für Arbeitsverträge. Die Personalkostenlast kann daher
keinesfalls mit dem Moratorium abgesenkt werden. Hier gelten wie
bereits ausgeführt die
Regelungen zur Kurzarbeit.
Weiterhin
enthält Art. 240 § 1 Abs. 3 Satz 2 EGBGB auch eine
Billigkeitsregelung für den Vertragspartner. Ist der
Zahlungsausfall für ihn unzumutbar, besteht kein
Leistungsverweigerungrecht. Wer unter diesen Umständen nicht zahlt,
kann gekündigt werden.
Absatz
2 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für
den Gläubiger unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung zu
einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des
angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten
Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines
Gewerbebetriebs führen würde. Wenn das Leistungsverweigerungsrecht
nach Satz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, steht dem Schuldner das Recht
zur Kündigung zu.
Auch
hier führt demnach kein Weg an der Kontaktaufnahme mit dem
Vertragspartner vorbei – vor Inanspruchnahme des
Leistungsverweigerungsrechtes muss zum Ausschluss der
Kündigungsmöglichkeit abgeklärt sein, dass dem Gegenüber
seinerseits weder
Zahlungsunfähigkeit noch
ein vergleichbar existenzgefährender Zustand droht. Passieren hier
Fehler droht der Verlust eigener Betriebsgrundlagen.
Außerdem dürfte eine Vertragsanpassung für beide Seiten die
längerfristige und verträglichere Lösung darstellen, wobei auf
eine sorgsame Dokumentierung der Änderungen zu achten ist. Für
die anwaltliche Beratung stehen Ihnen Dr. Dr. Ruppel und Herr Detmer
unterstützend zur Seite.
Fazit
Die
genannten Änderungen durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der
COVID-19-Pandemie sind ein letzter Rettungsanker bei drohender
Zahlungsunfähigkeit. Wer noch die Zeit hat, sollte sich selbst
vertraglich auf den Ernstfall vorbereiten.