Gesundheitsrecht für angehende Ärzte

Angehende Ärzte bereiten sich auf ihr Examen u.a. durch das massenhafte Ankreutzen von Multiple-Choice-Aufgaben vor. Ähnlich wie beim Führerschein. Nur, dass die falschen Antworten nicht offensichtlich falsch sind, sondern das oftmals alle Antworten richtig sein könnten – es eben nur nicht sind. Recht undankbar also. Der geneigte Jurist ist froh, dass er in seinen Klausuren jeweils fünf Stunden Schreiben kann, also Nichtwissen bis zu einem gewissen Grad kaschierbar ist.

Was ich aber nie verstehen werde ist, weshalb zur Vorbereitung auf das medizinische Staatsexamen einzelne Paragraphen abgefragt werden. Erstens vergessen das die angehenden Ärzte sowieso wieder. Und zweitens käme kein Jurist darauf, Paragraphen abzufragen. Wozu auch? Dafür gibt es Gesetzestexte…Und während Ärzte durchaus schnelle Entscheidungen treffen müssen und dafür Wissen auch abrufbar sein muss, gehört das Wissen um den richtigen Absatz eines Paragraphen nun wirklich nicht zu den am Krankenbett oder im OP notwendigen Fähigkeiten.

Einigermaßen sinnbefreit daher die Frage an den angehenden Arzt:

Was wird durch § 35a KJHG geregelt?

A: Die Eingliederungshilfe bei seelischer Behinderung

B: Das Umgangsrecht des Kindes mit jedem Elternteil

C: Die freie Wahl zwischen Einrichtungen und Dienstleistungen verschiedener Träger

„D“ und „E“ gibt es auch noch als Antwortmöglichkeit, ich gebe sie aber hier nicht wieder…Reicht ja auch.

Die richtige Antwort lautet: Der Blick ins Gesetz verrät es.

Wozu soll ein angehender Arzt das wissen? Was hat er davon?

Gesundheitspolitik und Gesundheitsrecht zur Bundestagswahl – Teil II: SPD

Das – übrigens sehr bunte – Wahlprogramm der SPD ist nicht minder selbstbewusst als das der Unisonsparteien, bezeichnet es sich doch als „Regierungsprogramm“.

Inhaltlich unterscheidet sich in gesundheitspolitischer Hinsicht in einer wesentlichen Kernforderung von dem der CDU/CSU: Die SPD fordert die Einführung einer sog. „Bürgerversicherung“ (S. 73), d.h. einer Versicherungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger. Bisher in der PKV Versicherte sollen eine Wechselmöglichkeit erhalten, alle Neuversicherten in die GKV kommen müssen (S. 73). In den Rot-Grünen-Jahren unter Kanzler Schröder wurde dies nicht umgesetzt.

Abschaffen will die SPD die unter der derzeitigen Regierung eingeführten Reduzierungen der Arbeitgeberanteile für die GKV, hier sollen Arbeitnehmer- und Arbeitgeber wieder gleich hohe Beiträge zahlen müssen (S. 73).

Die für die Leistungserbringer, d.h. insbesondere die Ärzte, wohl bedeutenste Forderung der SPD ist die Angleichung der Vergütung in GKV und PKV einerseits und im ambulanten wie im stationären Bereich andereseits (S. 73). Ersteres dürfte wahrscheinlich zu massiven Einnahmeverlusten bei den Leistungserbringern bei gleichzeitiger Entlastung der PKV-Patienten führen (die die SPD eigentlich belasten will), ist es doch kaum denkbar, dass die Partei das GKV-Vergütungsniveau auf das der PKV anheben will. In diesem Fall wären entweder enorme Beitragssatzsteigerungen oder Leistungsausgrenzungen die Folge. Die IGel-Leistungen sollen zurückgedrängt werden (S. 76).

Für die ambulante Versorgung im ländlichen Raum (S. 74f) bleibt die SPD ähnlich vage wie CDU/CSU, auch hier wird von der Stärkung der Leistungserbringer, von der Zusammenarbeit der Haus- und Fachärzte unter Lotsenfunktion ersterer usw. gesprochen (S. 75).

Im Bereich der Arnzeimittel sollen „Scheininnovationen“ zurückgedrängt werden (S. 76), ohne das deutlich wird, wie dies geschehen soll. Die Marktüberwachung für Medizinprodukte soll ebenso verbessert werden wie die Patientenrechte  und die Korruptionsbekämpfung (S. 76).  Wie all dies umgesetzt werden soll, verrät das Wahlprogramm nicht.

Einen größeren Raum nimmt bei der SPD die Versorgung chronisch Kranker (S. 76) und Pflegebedürftiger (S. 77f) ein.

2. Symposium RettungsdienstRecht unbestimmt verschoben

Entgegen meines Veranstaltungshinweises wird das 2. Symposium RettungsdienstRecht, das im Juli im Düsseldorf von engagierten Rechtsanwälten aus dem Gesundheitsrecht angeboten werden sollte, verschoben, wie die Veranstalter mitteilten. Ein Ersatztermin soll im November stattfinden, ist aber noch nicht benannt worden.

Anwalt erhebt Verfassungsbeschwerde im Fall Mollath

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wurde im Fall Mollath nicht nur Verfassungsbeschwerde erhoben, sondern das Bundesverfassungsgericht hat wohl nun auch Stellungnahmen angefordert. Dies wird als Zeichen interpretiert, das Karlsruhe „‚“in der Causa notfalls selbst zu einer Entscheidung kommen‘ wolle.“ Eine Entlassung aus der Psychiatrie wurde ja, während er selbst bei dem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtages war, abgelehnt.

Entschuldigungen eines Klinikums – und was (vielleicht) dahinter steckt

Die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichten von dem Fall einer fünfjährigen Epilespsie-Patientin, die in einem kommunalen Potsdamer Krankenhaus wohl das zehnfache der für ihre Altersgruppe angemessenen Arzneimitteldosis erhalten hat. Der Artikel beschäftigt sich nicht nur mit der Perspektive der Angehörigen und der von ihnen subjektiv empfundenen empfundenen personell mangelhaften Situation des Krankenhauses, sondern gibt auch eine Stellungnahme des Krankenhauses wieder:

„‚Uns ist nicht begreiflich, wie es dazu kommen konnte‘, ergänzte der Pflegedirektor des Klinikums, Sebastian Dienst. Die Schwester habe offenbar einen ‚Blackout‘ gehabt. Schon allein die erhebliche Menge der Tablettengabe hätte auffallen müssen, so Dienst. Die Schwester sei nochmals geschult worden. Dass die Kinderklinik unterbesetzt gewesen sei und womöglich zu hoher Arbeitsanfall die gefährliche Fehlmedikation ausgelöst haben könnte, schloss Dienst kategorisch aus.“

Mit der juristischen Brille liest man diese Zeilen vielleicht ein wenig anders. Dann erblickt man nicht die Aufklärungsversuche des Klinikums sondern eine Menge Angaben, um der zivilrechtlichen Haftung für den sich anschließenenden Krankenhausaufenthalt, eventuelle Spätfolgen usw. zu entgehen. Unabhängig von der Anwendbarkeit des § 831 BGB in diesem Fall eines kommunalen Klinikums entspricht die Argumentation des Pflegedirektors in weiten Teilen dem, was man vor Gericht auch vortragen muss, um eine Haftung des Arbeitgebers für einen Fehler des Mitarbeiters von sich zu weisen:

– der Mitarbeiter ist gut geschult und wird erneut geschult

– es handelt sich nicht um Organisationsversagen des Krankenhauses, sondern um den Fehler eines einzelnen Mitarbeiters (siehe der Hinweis auf die Mitarbeiterzahl an dem Unfalltag)

– der Mitarbeiter macht solche Fehler eigentlich nie, sondern habe nur ausnahmsweise und völlig unerklärlich ein „Blackout“ gehabt.

Was ist aus dem Psychatriefall Mollath geworden?

Was ist eigentlich aus dem Fall Mollath geworden, der zum Jahresende die Gemüter erhitzt hat und über den auch hier berichtet (6.12., 30.11. und 27.11.) wurde?

Die bayerische Ministerin ist immer noch im Amt, überaschend ist aber, dass die Medien dem Fall immer noch einige Aufmerksamkeit widmen. So hat die Süddeutsche Zeitung weiterhin eine eigene Themenseite eingerichtet und berichtet regelmäßig über den Fall.

Eine Wideraufnahme erscheint bisher ungewiss, auch eine Verlegung aus Bayreuth nach Ansbach eher zweifelhaft. Mollaths Anwalt hat unterdessen Anzeige gegen „Richter und Klinikleiter wegen Freiheitsberaubung“ gestellt.

„Der Spiegel“ ist sehr hartnäckig

„Der Spiegel“ und andere Medien sind überaschend hartnäckig in ihrer Berichterstattung um den eingewiesenen Mollath, was sicherlich auch und gerade an der Verknüpfung von Ehedrama, Justiz und Politik liegt. Ob die bayerische Justizministerin in dieser Sache glücklich agiert, vermag ich aus Düsseldorf nicht einzuschätzen, aus juristischer Perspektive finde ich aber folgenden Ausschnitt aus einem aktuellen Artikel bei Spiegel-Online bemerkenswert:

„Das Amtsgericht Nürnberg beschloss, Mollath müsse psychiatrisch untersucht werden. Der Angeklagte ging jedoch nicht zum Arzt, sondern erstattete nochmals Anzeige wegen Steuerhinterziehung gegen Mitarbeiter und Kunden der HVB. Die Anzeige landete auch bei der Steuerfahndung Nürnberg. Die „Nürnberger Nachrichten“ berichten, dass kurz darauf ein Richter des Landgerichts Nürnberg bei den Fahndern angerufen haben soll, mit dem Hinweis, man müsse der Anzeige nicht nachgehen – der Mann sei verrückt.

Die Steuerfahnder hätten den Fall damit für erledigt erklärt und ins Archiv gelegt. Der Anruf soll ausgerechnet von jenem Richter gekommen sein, der Mollath zwei Jahre später in die geschlossene Psychiatrie einweisen ließ.“

Zumindest dies hat sich nun wohl auch bestägit.

„Der Spiegel“ fragt, was sich mir auch bisher bei dieser Geschichte nicht aufdrängt:

„Aber warum soll sich ein Richter des Landgerichts in das Strafverfahren eines Amtsrichters eingemischt haben?“

Was ist eigentlich mit Jenen, über die die bundesdeutschen Leitmedien nicht berichten?

Politisches Ungemach und Prüfung des Falles?

In dem von mir berichteten Fall über eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie kommt offenbar politische wie juristische Bewegung. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, wird die Staatsanwaltschaft den Fall erneut gutachterlich prüfen lassen; die Opposition im Bayerischen Landtag hat sogar ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben,  die Justizministerin sieht sich einem drohenden Untersuchungsausschuss gegenüber.

„Weggeräumt und stillgestellt“

Einen sehr interessanten, im weitesten Sinne auch gesundheitsrechtlichen, Artikel, dessen Wahrheitsgehalt ich nicht überprüfen kann, hat Spiegel Online unter dem Titel „Weggeräumt und stillgestellt“ veröffentlicht.

Es geht um die Zwangseinweisung eines Mannes, der wohl neben einiger etwas Skurril anmutender Dinge auch über Vorgänge bei der HypoVereinbank wusste und – so stellt es der Artikel in einem etwas losen Zusammenhang – auch deshalb vielleicht nicht zum Schaden von Bankmitarbeitern untergebracht wurde. Mittlerweile prüft der Schlossbezirk in Karlsruhe den Fall.