Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin – Ärztliches Arbeitsrecht & Abrechnung

Rechtsanwalt Dr. Ruppel hat im Rahmen des Weiterbildungstages Allgemeinmedizin an der Universität Greifswald erneut junge Assistenzärzte in rechtlichen Fragen weitergebildet. Er hielt u.a. Vorträge zum ärztlichen Vergütungsrecht (EBM und GOÄ) sowie zum Arbeitsrecht für Ärzte aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht. Gemeinsam mit dem Lehrstuhlinhabe, Prof. Chenot, diskutierte er zudem mit den angehenden Fachärzten für Allgemeinmedizin auch Haftungsfragen aus praktischer und rechtlicher Sicht.

Abrechnungsbetrug – Berufsverbot?

Wie unter anderem der NDR dieser Tage berichtet, droht einem Hamburger Arzt der Entzug der Approbation. Der betreffende Mediziner hat einen Strafbefehl über eine Freiheitsstrafe von einem Jahr (ausgesetzt zur Bewährung) und eine Geldstrafe von 100.000 Euro erhalten, weil er gegen die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbrinung verstoßen hat. Offenbar hat er, was bei Chefärzten recht häufig vorkommt, Leistungen nicht selbst (oder durch einen zulässigen Vertreter) erbracht, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen wäre.

Nachdem der Strafbefehl rechtskräftig geworden ist, prüft die Approbationsbehörde den sogenannten „berufsrechtlichen Überhang“, d.h. sie prüft, ob neben den strafrechtlichen Maßnahmen auch berufsrechtliche Konsequenzen notwendig seien. Eine – neben anderen – mögliche Konsequenz wäre die Entziehung der Approbation.

Ob es dazu kommt, hängt insbesondere davon ab, wie schwerwiegend die Freiheitsstrafe gewertet wird und ob die Approbationsbehörde die Falschabrechnung als Verfehlung mit Patientennähe sieht. Generell gilt: Je höher die Strafe und je näher die Fehler die Berufsausübung am Patienten betreffen, desto schärfer sind die Folgen.

Rechtsanwälte Dr. Ruppel vertreten Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen auch im Arztstrafrecht, im Abrechnungsrecht und im Berufsrecht, insbesondere in Approbationsverfahren. Wir beraten sie auch bei der Gestaltung von Honoravereinbarungen und Vertretungsregelungen. Ihre Ansprechpartner sind Dr. Thomas Ruppel und Christine Thürmann.

Gesundheitspolitik und Gesundheitsrecht zur Bundestagswahl – Teil II: SPD

Das – übrigens sehr bunte – Wahlprogramm der SPD ist nicht minder selbstbewusst als das der Unisonsparteien, bezeichnet es sich doch als „Regierungsprogramm“.

Inhaltlich unterscheidet sich in gesundheitspolitischer Hinsicht in einer wesentlichen Kernforderung von dem der CDU/CSU: Die SPD fordert die Einführung einer sog. „Bürgerversicherung“ (S. 73), d.h. einer Versicherungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger. Bisher in der PKV Versicherte sollen eine Wechselmöglichkeit erhalten, alle Neuversicherten in die GKV kommen müssen (S. 73). In den Rot-Grünen-Jahren unter Kanzler Schröder wurde dies nicht umgesetzt.

Abschaffen will die SPD die unter der derzeitigen Regierung eingeführten Reduzierungen der Arbeitgeberanteile für die GKV, hier sollen Arbeitnehmer- und Arbeitgeber wieder gleich hohe Beiträge zahlen müssen (S. 73).

Die für die Leistungserbringer, d.h. insbesondere die Ärzte, wohl bedeutenste Forderung der SPD ist die Angleichung der Vergütung in GKV und PKV einerseits und im ambulanten wie im stationären Bereich andereseits (S. 73). Ersteres dürfte wahrscheinlich zu massiven Einnahmeverlusten bei den Leistungserbringern bei gleichzeitiger Entlastung der PKV-Patienten führen (die die SPD eigentlich belasten will), ist es doch kaum denkbar, dass die Partei das GKV-Vergütungsniveau auf das der PKV anheben will. In diesem Fall wären entweder enorme Beitragssatzsteigerungen oder Leistungsausgrenzungen die Folge. Die IGel-Leistungen sollen zurückgedrängt werden (S. 76).

Für die ambulante Versorgung im ländlichen Raum (S. 74f) bleibt die SPD ähnlich vage wie CDU/CSU, auch hier wird von der Stärkung der Leistungserbringer, von der Zusammenarbeit der Haus- und Fachärzte unter Lotsenfunktion ersterer usw. gesprochen (S. 75).

Im Bereich der Arnzeimittel sollen „Scheininnovationen“ zurückgedrängt werden (S. 76), ohne das deutlich wird, wie dies geschehen soll. Die Marktüberwachung für Medizinprodukte soll ebenso verbessert werden wie die Patientenrechte  und die Korruptionsbekämpfung (S. 76).  Wie all dies umgesetzt werden soll, verrät das Wahlprogramm nicht.

Einen größeren Raum nimmt bei der SPD die Versorgung chronisch Kranker (S. 76) und Pflegebedürftiger (S. 77f) ein.

IGeL-Leistungen werden für Patienten nicht sinnvoller

Nach einem Bericht von Spiegel Online werden die auch hier im Blog schon hinterfragen „individuellen Gesundheitsleistungen“, d.h.  jene Leistungen, die nicht im Katalog der Gesetzlichen Krankenversicherung enthalten sind und von Vertragsärzten ihren gesetzlich versicherten Patienten gegen private Zahlung angeboten werden.

Der Nutzen für die Patienten hat sich offenbar nicht verbessert, ein ganz überwiegender Teil der angebotenen Leistungen ist entweder nutzlos, seine Wirkung nicht bewiesen oder Gefahr und Nutzen aus einer Behandlung mit IGeL-Leitungen halten sich die Waage.

Hinzu kommt der große Unsicherheitsfaktor, der durch diesen wirtschaftliche Aspekt in die Arzt-Patientenbeziehung tritt und der im ansonsten in der GKV vorherrschenden Sachleistungsprinzip nicht auftreten kann. Hingegen ist es man es Privatpatient mit allen positiven wie negativen Folgen gewöhnt, zahlender Kunde zu sein, auch wenn eine selbstbewusste Einstellung in dieser Hinsicht gerade bei den nichtärztlichen Mitarbeitern oft auf Unverständnis stößt.

So scheinen die IGeL-Leistungen weder der Gesundheit noch dem Arzt-Patientenverhältnis zu nützen. Ob die hierdurch erzielten Einnahmen der Vertragsärzte den Vertrauens-, und damit Patientenverlust kompensieren können, bezweifel ich. Denn niemand sollte vergessen, dass in den meisten Arztgruppen weiterhin ungefähr 80 % der Einnahmen mit GKV-Patienten erzielt werden. Von PKV-Patienten und IGel-Leistungen wird in den meisten Regionen kein Arzt leben können.

Die (selbst erlebten) Nachteile der privaten Krankenversicherung – Teil 1

Ich bin, aus „historischen“ Gründen kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung, sondern in der PKV versichert. Die vermeintlichen Vorzüge des Daseins als Privatpatient erweisen sich schnell als handfeste Nachteile, auf die ich in der kommenden Zeit betont subjektiv eingehen will.

Ich bekomme zwar überall und schnell einen Termin, dafür habe ich schon mehrfach das Gefühl gehabt, dass an mir alle möglichen auch sinnlosen Behandlungen vorgenommen werden, um noch ein wenig mehr mit mir zu verdienen. Einige Behandlungen konnte ich auch auf Nachfrage keinen Sinn entlocken, andere dauerten bei mir deutlich länger als bei meiner in der GKV versicherten Lebenspartnerin. Werde ich nun besonders gut oder sie besonders schlecht behandelt? Gesetzlich Versicherten begegnet dieses Problem etwa bei den IGeL-Leistungen.

Privatpatienten zahlen bekanntlich ihre Rechnungen selbst um dann, je nach Tarif, einen mehr oder minder großen Anteil von ihrer Krankenversicherung erstattet zu erhalten. Besonders im zahnärztlichen Bereich kommt hinzu, dass man schnell mit einigen Hundert oder gar Tausend Euro in Vorleistung gehen muss, bevor die Krankenkasse nach mehr oder minder langen Diskussionen die ausgelegten Betrag erstattet. Dieses Geld muss nicht nur ständig auf irgendeinem Tagesgeldkonto verfügbar sein, sondern ich weiß auch nie, wie hoch mein Eigenanteil sein wird.

Chinesische Medizin

Wie unter anderem die Tageszeitung berichtet, will sich der Nestlé-Konzern stark im Bereich der traditionellen chinesischen Medizin engagieren. Ich bin wirklich kein Experte für diesen Bereich, aber mehrere Aspekte machen mich stutzig:

– Warum engagiert sich nicht ein Pharmakonzern, sondern der Hersteller von Mineralwassern, Schokoriegeln und Kaffee in diesem Bereich?
– Warum übernimmt die deutsche gesetzliche Krankenversicherung TCM nach meinem Kenntnisstand zumeist nicht (Ausnahmen sind etwa hier beschrieben) ?
– Liegt das vielleicht daran, dass die Wirkung von TCM unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten eher zweifelhaft ist?

Auch der IGeL-Monitor bewertet etwa die zur TCM gehörende Akupunktur zumindest als „unklar„. Spätestens hier fällt mir wieder der Satz von Fastabend/Schneider ein, „wenn die [in der IGEL-Liste] aufgeführten Leistungen medizinisch sinnvoll sind, gehören sie in den Katalog [der Gesetzlichen Krankenversicherung]. Sind sie es aber nicht, gibt es keinen Grund, warum der Arzt sie seinen Patienten anbieten sollte” (dies., Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, 46).

Die Anbieter von TCM-Leistungen sehen das freilich etwas anders, soe eine Frauenarztpraxis, aus dessen Website ich hier einmal zitiere: „Medizinisch notwendige Leistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse in der Regel vergütet. Daneben gibt es nicht notwendige,  aber medizinisch durchaus sehr sinnvolle und aus diesem Grund auch wünschenswerte Untersuchungen, die jedoch ohne gesonderte medizinische Begründung und ohne eine entsprechende Notwendigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt werden“, eben auch TCM.

Individuelle Gesundheitsleistungen sinnvoll?

Seit einiger Zeit gibt es IGel, die Individuellen Gesundheitsleistungen, deren Nutzen zumindest für die Vertragsärzte feststeht, die von Kassenpatienten auf einmal nach der deutlich lukrativeren privatärztlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen dürften. Ob sich für das Gesundheitssystem und für Patienten Vorteile ergeben ist weiter Gegenstand einer kontroverse, über die momentan etwa Spiegel Online berichtet.

Der Spiegel berichtet weiter, dass „bei jedem vierten Fall vorab eine Kosteninformation gefehlt [habe], und nur jeder Vierte erinnerte sich daran, über Risiken aufgeklärt worden zu sein. Ausreichende Bedenkzeit gab es bei 51 Prozent der Fälle. Dabei sind 82 Prozent dieser Behandlungen nicht auf Initiative der Patienten zustande gekommen – in fast jedem zweiten Fall sei das Praxispersonal direkt am Verkauf beteiligt gewesen.“

Verkauf ist wohl auch das richtige Wort. Bei einer wahllos via Google herausgezogenen Website wird, noch harmloser als auf anderen Seiten, von der „Kundenansprache“ und der Aufgabe, den „Igel-Anteil messbar zu steigern, jeder [in der Praxis] kennt seine Aufgabe zum Erreichen dieses Zieles“

Schon 1976, als man mit „Igel“ noch niedliche Tiere assoziierte, wurde – etwas resigniert- festgestellt, dass schon Fälle aufgetreten seien, „in denen eine Arztpraxis eher den Anschein eines Gewerbebetriebes erweckte als den einer Stätte individueller Hilfe durch ärztliche Behandlung.“ (Schimmelpfeng, Nichtärztliche Heilberufe und kassenärztliche Versorgung, NJW 1976, 2293, 2293)

Vielleicht sollte man es mit Fastabend/Schneider halten, die meinten, „wenn die [in der IGEL-Liste] aufgeführten Leistungen medizinisch sinnvoll sind, gehören sie in den Katalog [der Gesetzlichen Krankenversicherung]. Sind sie es aber nicht, gibt es keinen Grund, warum der Arzt sie seinen Patienten anbieten sollte“ (dies., Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, 46)