Deutschkurse

Im Beitrag über den „Import“ von Patienten bin ich bereits kurz auf das teilweise auftretende Problem von Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ärzten und ihren Patienten eingegangen. Die in Neubrandenburg erscheinende Regionalzeitung „Nordkurier“ berichtet nun dieser Tage von einem örtlichen Angebot, bei dem Krankenhausärzte aus der Region ihre Deutschkenntnisse verbessern können.

Import-Export Waren aller Art – auch Patienten

Wenn man, so wie ich, recht lange in Brandenburg und in Vorpommern, d.h. im östlichen Teil Mecklenburg-Vorpommern gewohnt hat, kennt man eigentlich immer jemanden, der nicht nur zu, Friseur, sondern auch zur Zahnbehandlung oder zur Kur statt einen deutschen Arzt eine polnische oder tschechische Klinik aufgesucht hat. Auch ungarische Zahnkliniken, die insbesondere aus Süddeutschland gut zu erreichen sind, tauchen immer wieder in den Medien auf. Die Patienten versprechen sich für Leistungen, die von der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr oder nicht vollständig übernommen werden, deutlich günstigere Preise.

Im Englisch-sprachrigen Raum scheint man sich sogar bis in Richtung Indien zu orientieren.

Angesichts des bestehenden Ärztemangels arbeiten mittlerweile auch viele osteuropäische und russische Ärzte in Deutschland, gerade an den Universitätskliniken fällt dies auf. Die Fachkompetenz vermag ich nicht zu beurteilen, die Deutschkenntnisse sind leider teilweise erschreckend gering. Die meisten Patienten und das nicht-ärztliche Personal sprechen aber weder fließend Russisch noch Englisch…Billiger werden diese Behandlungen für die Patienten auch nicht, sofern sie selbst zahlen müssen.

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet im einem Artikel mit dem Titel „Die Krankschlepper“ ausführlich über eine gegenteilige Wanderbewegung, nämlich ausländische Patienten in deutschen Kliniken. Dabei geht es nicht um den arabischen Scheich, sondern um „normale Familie[n] der Mittelschicht“.

Leider hat die Zeit ja schon vor einigen Jahren die objektive Recherche aufgegeben und stellt interessante Probleme aus allen Ressorts meist aus der Perspektive von Einzelschicksalen dar.

Nach Angaben der Zeitung werden ausländische Patienten von „Vermittlungsagenturen“ (wahlweise auch als „Krankenschlepper“ bezeichnet), die hohe Provisionen nicht nur der Patienten selbst sondern – rechtwidrigerweise auch der Krankenhäuser – erhalten, nach Deutschland „importiert“ (so wird BÄK-Präsident Montgomery zitiert).

Krankenhausbehandlung größter Kostenfaktor – Vorsorgekosten verschwindend gering?

Wie schon berichtet, hatte die GKV im Jahr 2012 Ausgaben von insgesamt 184,5 Milliarden Euro zu verzeichnen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums verteilen sich diese wie folgt:

  1. Krankenhausbehandlung 33 %
  2. Ambulante ärztliche Versorgung 18 %
  3. Arzneimittel aus Apotheken und von Sonstigen 16 %
  4. Zahnärztliche Behandlung (ohne Zahnersatz) 5 %
  5. Krankengeld 5 %
  6. Netto-Verwaltungskosten 5 %
  7. Hilfsmittel 4 %
  8. Sonstige Ausgaben 4 %
  9. Heilmittel 3 %
  10. Zahnersatz 2 %
  11. Behandlungs-/Häusliche Krankenpflege 2 %
  12. Fahrkosten 2 %
  13. Vorsorge- und Reha-Maßnahmen 1 %

Die ambulante ärztliche Versorgung meint in dieser Statistik nicht nur die haus- und fachärztliche Versorgung, sondern unter anderem auch die „Behandlung durch Belegärzte in Krankenhäusern, ärztliche Beratung und Behandlung bei Empfängnisverhütung […]“ usw. anfallenden Kosten.

Hinsichtlich der Verwaltungskosten ist mir nicht bekannt, wie diese berechnet wurden, ob hier nur die Kosten der Organisationen, die tatsächlich „nur“ verwalten und nicht behandeln, wie der Krankenhassen und Kassenärztlichen Vereinigungen einbezogen wurden oder ob hierin auch Bürokratiekosten in den Praxen usw. enthalten sind.

Ich finde den äußerst geringen Anteil der Vorsorge- und Reha-Maßnahmen an den Gesamtausgaben überraschend, der sich nicht mit einem subjektivem Empfinden hinsichtlich der Kommuniaktion, wie wichtig Vorsorgemaßnahmen sein, überraschend.

Viele Krankenhausärzte arbeiten zu lange

Der Marburger Bund hat eine Studie zu (über)langen Arbeitszeiten von Krankenhausärzten durchführen lassen. Demnach würden drei Viertel der Ärzte mehr als 48h in der Woche arbeiten, fast ebenso viele berichteten von negativen gesundheitlichen Folgen. 27 % der Befragten arbeiteten sogar mehr als sechzig Stunden in einer Woche.

Detaillierte Zahlen gibt es hier beim Marburger Bund zum Download als .pdf.

Entschuldigungen eines Klinikums – und was (vielleicht) dahinter steckt

Die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichten von dem Fall einer fünfjährigen Epilespsie-Patientin, die in einem kommunalen Potsdamer Krankenhaus wohl das zehnfache der für ihre Altersgruppe angemessenen Arzneimitteldosis erhalten hat. Der Artikel beschäftigt sich nicht nur mit der Perspektive der Angehörigen und der von ihnen subjektiv empfundenen empfundenen personell mangelhaften Situation des Krankenhauses, sondern gibt auch eine Stellungnahme des Krankenhauses wieder:

„‚Uns ist nicht begreiflich, wie es dazu kommen konnte‘, ergänzte der Pflegedirektor des Klinikums, Sebastian Dienst. Die Schwester habe offenbar einen ‚Blackout‘ gehabt. Schon allein die erhebliche Menge der Tablettengabe hätte auffallen müssen, so Dienst. Die Schwester sei nochmals geschult worden. Dass die Kinderklinik unterbesetzt gewesen sei und womöglich zu hoher Arbeitsanfall die gefährliche Fehlmedikation ausgelöst haben könnte, schloss Dienst kategorisch aus.“

Mit der juristischen Brille liest man diese Zeilen vielleicht ein wenig anders. Dann erblickt man nicht die Aufklärungsversuche des Klinikums sondern eine Menge Angaben, um der zivilrechtlichen Haftung für den sich anschließenenden Krankenhausaufenthalt, eventuelle Spätfolgen usw. zu entgehen. Unabhängig von der Anwendbarkeit des § 831 BGB in diesem Fall eines kommunalen Klinikums entspricht die Argumentation des Pflegedirektors in weiten Teilen dem, was man vor Gericht auch vortragen muss, um eine Haftung des Arbeitgebers für einen Fehler des Mitarbeiters von sich zu weisen:

– der Mitarbeiter ist gut geschult und wird erneut geschult

– es handelt sich nicht um Organisationsversagen des Krankenhauses, sondern um den Fehler eines einzelnen Mitarbeiters (siehe der Hinweis auf die Mitarbeiterzahl an dem Unfalltag)

– der Mitarbeiter macht solche Fehler eigentlich nie, sondern habe nur ausnahmsweise und völlig unerklärlich ein „Blackout“ gehabt.

„Pille danach“ in katholischen Krankenhäusern

In dem berichteten Fällen, in denen sich öffentlich finanzierte, von der katholischen Kirche getragene Krankenhäuser, geweigert hatten, vergewaltigten Frauen eine „Pille danach“ zu verschreiben und sie entsprechend zu behandeln, kam in den letzten Wochen einige mediale Bewegung.

Während sich manche über zaghafte Versuche des Kölner Kardinals wunderten, von seiner ultra-konservativen Haltung ein Stück weit abzurücken (die Süddeutsche Zeitung spricht vom „Revolutiönchen„), weisen andere darauf hin, dass die geschilderten Kölner Fälle wohl verbreitet seien. Unterdessen prüft die grüne NRW-Gesundheitsministerin, ob in der Abweisung nicht ein Verstoß gegen den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser vorläge.

Dort, wo auf dem Gelände der katholischen Kliniken die „Pille danach“ verschrieben worden wäre, sei dies nicht durch katholische Ärzte, sondern durch die Praxen des Kassenärztlichen Notdienstes, die die öffentlich-rechtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen außerhalb der Öffnungszeiten der Vetragsarztpraxen anbieten, geschehen

Man darf gespannt sein, wie wie sich das Konfliktfeld aus amtskirchlicher Moral, öffentlich finanzierten Krankenhäusern und Patientenrechten entwickelt.

„Katholische Krankenhäuser dürfen Vergewaltigungsopfer nicht über die Pille danach aufklären“

Heute schlicht nur der Hinweis auf einen Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers, der wie folgt eingeleitetet wird:

„Katholische Krankenhäuser dürfen Vergewaltigungsopfer nicht über die Pille danach aufklären. Notärztin Irmgard Maiworm schildert den Fall einer Kölnerin, deren Untersuchung vom Vinzenz-Hospital und vom Heilig-Geist-Krankenhaus abgelehnt wurde.“

Vielleicht ist also in solchen Fällen besser nicht in katholische Krankenhäuser gehen. Ich bin gespannt, wie sich dieser Fall entwickelt.

Wie stellt sich dies eigentlich aus grundrechtlicher und arzthaftungsrechtlicher Perspektive dar? Und hinsichtlich des Behandlungsanspruches eines GKV-Patienten?