Spezialisierung eines Rechtsanwaltes

Ich werde, wie schon beschrieben, recht regelmäßig gefragt, was einen guten Anwalt ausmacht und habe hier im Blog bereits versucht, eine Antwort zu finden.

Vor ein paar Tagen bin ich auf das Angebot eines Einzelanwaltes gestoßen, der für seine Dienste mit den Worten wirbt, er sei

„spezialisiert auf Fragen des Verwaltungs-, Miet- und Strafrecht[s]. [Der Anwalt] hilft und berät bei der Unternehmensgründung und -führung sowie bei Vertragsgestaltung und Forderungsmanagement.“

Ich kenne den Rechtsanwalt nicht persönlich, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn nicht empfehlen würde. Wie soll ein Einzelanwalt – der hier Genannte sitzt übrigens in einer Kleinstadt – auch nur annähernd so viele Mandate bearbeiten, dass er über genug Berufserfahrung in all diesen Rechtsgebieten verfügt? Zumal Strafrecht (vom Verkehrsunfallrecht über Wirtschaftsstrafrecht bis hin zu Umweltdelikten und den üblichen Blut-und-Sperma-Delikten?), Verwaltungsrecht (das kann vom Polizei- über das Hochschulrecht bis zum Baurecht auch alles sein) und Mietrecht ja bereits die Spezialgebiete sein sollen…

Auch glaube ich nicht, dass bei einem derart breit gefächertem Angebot tatsächlich eine teure Bibliothek und nicht minder kostenintensive Datenbankzugänge zur Verfügung stehen, um über aktuelle wie tiefgreifende Quellen verfügen zu können.

Oder der Anwalt ist einfach nur ein Ausnahmetalent.

§ 630a Abs. 1 BGB – Behandlungsvertrag

Das neue Patientenrechtsgesetz normiert, wie geschildert, erstmals ausdrücklich den Behandlungsvertrag auch zwischen gesetzlich versicherten Patienten und ihren Vertragsärzten.

Im neuen § 630a Abs. 1 BGB heißt es dazu:

Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.

Aus dem letzten Halbsatz „soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist“ wird angesichts der weitgehenden Krankenversicherungspflicht auf den Regelfall abgestellt, nachdem der GKV-Patient gerade nicht selbst zur Zahlung verpflichtet ist.

Somit ergibt sich ein für den Juristen selbstverständliches, auf den ersten Blick aber doch etwas erstaunliches Bild: Es kommt ein Behandlungsvertrag zustande, bei dem der Patient nicht unbedingt zahlen, der Behandelnde nicht unbedingt behandeln muss…Denn § 630a Abs. 1 BGB formuliert, dass „derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung“ verpflichtet wird. Auf eine persönliche Leistungserbringung kommt es dabei gar nicht an. Aber auch dies lässt sich natürlich erklären, wird doch etwa bei Krankenhausaufenthalten regelmäßig ein Vertrag mit dem Träger (etwa einer Krankenhaus-GmbH) geschlossen, die Behandlung selbst aber naturgemäß nicht von der GmbH sondern den bei ihr beschäftigten Ärzten vorgenommen.

Patientenrechtegesetz – nun mit Sicherheit ein Vetrag?

Während die Tagespresse berichtet, dass das neue Patientenrechtegesetz seit Jahresanfang in Kraft getreten sei, weist der GKV-Spitzenverband hin, dass der Bundesrat erst im Februar abschließend beraten müsse. Ob sich durch das Gesetz tatsächlich etwas ändert und welche Ansichten es zum dann in Kraft getretenen Entwurf gibt, werde ich in den nächsten Wochen etwas detaillierter vorstellen. Man wird sehen, ob es Rechtsanwälten und Ärzten tatsächlich mehr Arbeit bringt und die Rechte der Patienten verbessert.

Das Gesetz wird nicht als „Patientenrechtegesetz“ irgendwo aushängen und bestellbar sein, vielmehr ist damit die Änderung einiger Gesetzte wie des Bürgerlichen Gesetzbuches  und des 5. Buches des Sozialgesetzbuches, welches das Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung kodifiziert, verbunden.

Aus einer Norm des Entwurfes (Bundestagsdrucksache BT-Drs. 17/10488) möchte ich aber bereits an dieser Stelle zitieren. Der Abschnitt des BGB über Dienstverträge wird geteilt und ein neuer Untertitel über den „Behandlungsvertrag“ aufgenommen. Der Behandlungsvertrag war bisher nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr wurde ganz überwiegend angenommen, dass es sich um einen Dienstvertrag handele, d.h. der Arzt nicht den Erfolg, sondern das Tätigwerden schulde, ähnlich eines Arbeitnehmers. Für den Bereich der gesetzlich Versicherten, also ca. 90 % der Bevölkerung, gab und gibt es darüber hinaus einen Streit zwischen den Gerichten. Während die Sozialgerichtsbarkeit, die sich hier vor allem mit dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung beschäftigt, annimmt, dass es keinen Behandlungsvertrag zwischen Arzt und gesetzlich Versichertem gäbe, nahm die Zivilgerichtsbarkeit, die bei Haftungsfrage angerufen wird, an, dass dieser geschlossen werde. Ein Ausgangspunkt dieses für Juristen ungewöhnlichen Streits, weil er nicht zwischen Wissenschaftlern und Praktikern auf der einen und Gerichten auf der anderen Seite, sondern zwischen den juristischen Teilgebieten stattfindet, ist § 76 Abs. 4 SGB V , wonach

„Die Übernahme der Behandlung verpflichtet […] dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.“

Die Frage stellte sich, ob nun diese Anwendbarkeitserklärung des BGB-Haftungsrechts bedeutet, dass das BGB – und damit auch das Dienstvertragsrecht – eigentlich nicht anwendbar ist und deshalb seine Anwendbarkeit extra angeordnet werden muss (so die Sozialgerichte) oder ob das BGB auch zwischen dem gesetzlich Versichertem und seinem Arzt gelte, § 76 SGB V also nur deklaratorisch sei (so die Zivilgerichte). Der Streit ist nicht nur theoretischer Natur, denn während in der vertraglichen Haftung das Verschulden des Vertragspartners, also auch das Arztes, gesetzlich vermutet wird – § 280 Abs. 1 S. 2 BGB – , ist dies bei der sogenannten deliktischen Haftung nicht der Fall.

Aus dem neuen § 630a Abs. 1 BGB soll sich nun ergeben, dass definitiv zwischen dem GKV-Patienten und seinem Arzt ein Vertrag geschlossen wird, weil die Norm eine Regelung enthält, wonach es unschädlich sei, wenn der Vertragspartner nicht selbst zur Zahlung des Honorars verpflichtet sei – und dies meint offensichtlich gesetzlich Versicherte, die im Rahmen des Sachleistungsprinzips und nicht der Kostenerstattung behandelt werden.

Einige Erkenntnisse zur Promotion

Das neue Jahr lädt gerade dazu ein, die vergangenen Monate des Arbeitens an meiner Doktorarbeit rückblickend zu betrachten und so kommen mir Erkenntnisse, denen es ein wenig an Orginalität fehlt, weil sie vermutlich allen Doktoranden offenbar geworden sind:

1. Das kleinste Thema ist noch viel zu groß.

2. Jedes auch noch so randständige Thema verleitet dazu, endlich die (juristische) Weltformel zu finden.

3. Aus jedem Absatz der Arbeit kann eine eigene Arbeit entstehen.

4. Zu allen Themen schreibt man mindestens doppelt so viel und sitzt dreimal so lang, wie man eigentlich vor hatte.

5. Es ist völlig unmöglich, Antworten unter drei Seiten Text zu geben.

6. Es ist unmöglich, die vorhandene Fachliteratur und Rechtsprechung auch nur annähernd vollständig auszuwerten, wenn die Arbeit nicht zu einer Aneinanderreihung von Zitaten mit einem Zeithorizont von zehn Jahren werden soll. Warum probiert man es trotzdem dauernd?

7. Ein gehöriges Maß an Perfektionismus ist für eine Doktorarbeit genau so schädlich wie notwendig.

8. Es wird so viel wenig Sinnvolles geschrieben. Warum springt man über fast jedes Stöckchen, was einem aus Wissenschaft und Praxis hingehalten wird?

9. Man wird zum sozialen Nerd. Oder ist es schon vorher. (Nicht ganz ernst gemeint).

10. Man hat nur des neuen Computer willens die Doktorarbeit noch nicht aus dem Fenster geworfen. Und weil man die haftungsrechtlichen Konsequenzen sowieso auswendig kennt. Und weil ich sowieso mehrfach tägliche Sicherungen auf einem anderen PC und in eine Cloud mache.

11. Meine Freundin tut mir leid. Auch wenn man die Dissertation natürlich allein schreibt, ist das ohne Rückendeckung nicht möglich.

12. Es macht verdammt viel Spaß.

Wird bestimmt fortgesetzt. Aber nun ruft sie wieder…

Chinesische Medizin

Wie unter anderem die Tageszeitung berichtet, will sich der Nestlé-Konzern stark im Bereich der traditionellen chinesischen Medizin engagieren. Ich bin wirklich kein Experte für diesen Bereich, aber mehrere Aspekte machen mich stutzig:

– Warum engagiert sich nicht ein Pharmakonzern, sondern der Hersteller von Mineralwassern, Schokoriegeln und Kaffee in diesem Bereich?
– Warum übernimmt die deutsche gesetzliche Krankenversicherung TCM nach meinem Kenntnisstand zumeist nicht (Ausnahmen sind etwa hier beschrieben) ?
– Liegt das vielleicht daran, dass die Wirkung von TCM unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten eher zweifelhaft ist?

Auch der IGeL-Monitor bewertet etwa die zur TCM gehörende Akupunktur zumindest als „unklar„. Spätestens hier fällt mir wieder der Satz von Fastabend/Schneider ein, „wenn die [in der IGEL-Liste] aufgeführten Leistungen medizinisch sinnvoll sind, gehören sie in den Katalog [der Gesetzlichen Krankenversicherung]. Sind sie es aber nicht, gibt es keinen Grund, warum der Arzt sie seinen Patienten anbieten sollte” (dies., Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, 46).

Die Anbieter von TCM-Leistungen sehen das freilich etwas anders, soe eine Frauenarztpraxis, aus dessen Website ich hier einmal zitiere: „Medizinisch notwendige Leistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse in der Regel vergütet. Daneben gibt es nicht notwendige,  aber medizinisch durchaus sehr sinnvolle und aus diesem Grund auch wünschenswerte Untersuchungen, die jedoch ohne gesonderte medizinische Begründung und ohne eine entsprechende Notwendigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt werden“, eben auch TCM.

Gesundheit und Recht zum Jahreswechsel

Zum Jahreswechsel habe ich mich im allerweitesten Sinne mit der Gesundheit und dem Recht beschäftigt: Als Feuerwehrmann eines Düsseldorfer Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeuges bei einer Freiwilligen Feuerwehr im Süden der Stadt habe ich mit den Kameraden eine – natürlich alkoholfreie – Silvesterbereitschaft verbracht. Im Laufe des Abends und der Nacht sind wir zu sechs kleineren Bränden alarmiert worden, die sämtlich mit Silvester im Zusammehang standen und mal auf fahrlässige, mal auf vorsätzliche Brandstiftungen (daher doch wieder rechtliche Aspekte) zurück zu führen sind. Einer unserer Einsätze hat es immerhin in die Lokalpresse geschafft (brennender Baum in 10m Höhe).

Die Kollegen der auf unserer Wache stationierten Rettungswagen und des Notarzteinsatzfahrzeuges sind natürlich noch deutlich öfter als wir ausgerückt, aber auch ich war über die recht vielen Einsätze in unserem Wachgebiet überascht. In der einsatzfreien Zeit haben wir gut gegessen und gefeiert, so dass es insgesamt ein recht vergnüglicher Abend wurde.

An dieser Stelle allen Leserinnen und Lesern ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2013!

Einige Änderungen im Gesundheitsrecht zum Jahreswechsel

Das Bundesgesundheitsministerium weist auf die aus seiner Sicht relevanten Änderungen im Gesundheitsrecht zum Jahreswechsel hin, die insbesondere

– den Wegfall der Praxisgebühr (dazu in diesem Blog schon hier, hier und hier)
– keine Zusatzbeiträge bzw. sogar Prämienauszahlungen seitens der Kassen
– den Beitrag für den Basistarif der Privaten Krankenversicherungen
– Änderungen der Entgeltstrukturen
– und eine Pflegereform

betreffen, hin.

Für Arbeitgeber hat die Bahn BKK nützliche Hinweise zusammengestellt.

Frohe Weihnachten

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest!

Der Autor wird sich auf ausgiebigen Bahnfarten auch in den nächsten Tagen dem Gesundheitsrecht widmen, aber – zum Glück – weitgehend ohne Internet und teilweise auch ohne Mobilfunkempfang.

Kassenärztliche Bundesvereinigung, Merkel und Hitler…

Der insbesondere wegen seiner hohen Gehälter und seines wohl etwas gewöhnungsbedürftigen Führungsstils in die Kritik geratene Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die als Spitzenorganisation der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen eine bedeutende Rolle für die vertragsärztliche Versorgung und auch für den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung spielt, hat nach Berichten mehrerer Medien auf der Weihnachtfeier Bundeskanzlerin Merkel mit Hitler verglichen –  und mit Julius Cäsar, Karl dem Großen und Napoleon.

KBV-Chef Köhler hat auf den ironischen Unterton seiner Rede, bei dem die Genannten hinsichtlich ihrer Bemühungen zur „Einigung“ Europas in Verbindung gebracht wurden, hingewiesen. Ob derlei Ironie den Stand der Vertragsärzte bei Regierung und Opposition verbessert, sei einmal dahingestellt.