Gesundheitsrecht für angehende Ärzte

Angehende Ärzte bereiten sich auf ihr Examen u.a. durch das massenhafte Ankreutzen von Multiple-Choice-Aufgaben vor. Ähnlich wie beim Führerschein. Nur, dass die falschen Antworten nicht offensichtlich falsch sind, sondern das oftmals alle Antworten richtig sein könnten – es eben nur nicht sind. Recht undankbar also. Der geneigte Jurist ist froh, dass er in seinen Klausuren jeweils fünf Stunden Schreiben kann, also Nichtwissen bis zu einem gewissen Grad kaschierbar ist.

Was ich aber nie verstehen werde ist, weshalb zur Vorbereitung auf das medizinische Staatsexamen einzelne Paragraphen abgefragt werden. Erstens vergessen das die angehenden Ärzte sowieso wieder. Und zweitens käme kein Jurist darauf, Paragraphen abzufragen. Wozu auch? Dafür gibt es Gesetzestexte…Und während Ärzte durchaus schnelle Entscheidungen treffen müssen und dafür Wissen auch abrufbar sein muss, gehört das Wissen um den richtigen Absatz eines Paragraphen nun wirklich nicht zu den am Krankenbett oder im OP notwendigen Fähigkeiten.

Einigermaßen sinnbefreit daher die Frage an den angehenden Arzt:

Was wird durch § 35a KJHG geregelt?

A: Die Eingliederungshilfe bei seelischer Behinderung

B: Das Umgangsrecht des Kindes mit jedem Elternteil

C: Die freie Wahl zwischen Einrichtungen und Dienstleistungen verschiedener Träger

„D“ und „E“ gibt es auch noch als Antwortmöglichkeit, ich gebe sie aber hier nicht wieder…Reicht ja auch.

Die richtige Antwort lautet: Der Blick ins Gesetz verrät es.

Wozu soll ein angehender Arzt das wissen? Was hat er davon?

Kostenentscheidung bei Haupt- und Hilfsantrag

Ein übliches anwaltliches Vorgehen ist es, Anträge bei Gericht zu bedingen, d.h. einen Hauptantrag zu stellen und dazu noch einen (echten) Hilfsantrag. Wenn man im Hauptantrag Erfolg hat, wird über den Hilfsantrag nicht entschieden. Hat der Hauptantrag keinen Erfolg, kann man mit dem Hilfsantrag zumindest etwas Anderes von dem bekommen, was man eigentlich wollte. Man bekommt ein bisschen weniger, aber immerhin geht man nicht Leer nach Hause. Da man aber den Hauptantrag verloren hat, verliert man auch hinsichtlich der Gerichts-, Anwaltskosten usw. wenigstens zum Teil, § 45 GKG iVm § 92 ZPO

Ein Zahnarzt wollte mit einem Heilpraktiker Praxisräumlichkeiten teilen, im Einzelfall aber auch medizinisch mit diesem zusammenarbeiten. Die Zahnärztekammer fand diese Idee nicht besonders gut, die Sache landete vor dem Verwaltungsgericht.

Dort beantragte der Zahnarzt, festzustellen, dass er wirtschaftlich mit dem Heilpraktiker (durch gemeinsame Nutzung von Sozialräumen, Wartezimmer o.ä.) zusammenarbeiten; hilfsweise, dass er medizinisch mit diesem kooperieren dürfe.

Dabei fällt auf, dass der Hilfsantrag weiter geht als der Hauptantrag.

Das Verwaltungsgericht gab dem Zahnarzt inhaltlich in vollem Umfang recht. Er darf medizinisch und wirtschaftlich mit ihm kooperieren. Gleichzeitig wies das Gericht aber den Hauptantrag ab, denn da der Zahnarzt auch medizinisch mit dem Heilpraktiker zusammenarbeiten wollte, hätte eine Feststellung, die wirtschaftliche Zusammenarbeit sei erlaubt, nicht genügt.

Käme nicht eine Umdeutung in einen unechten Hilfsantrag in Betracht? Über den unechten Hilfsantrag wird entschieden, wenn der Hauptantrag Erfolg hat – anders als beim echten Hifsantrag, der gerade bei Misserfolg des Hauptantrages greift. Zumindest hat das Gericht dies nicht getan.

Interessant wäre nun zu wissen, wie das Gericht die Kostenfrage gelöst hat. Einerseits müsste nach den oben genannten Normen der Zahnarzt teilweise unterlegen sein, d.h. auch einen Teil der Kosten tragen. Immerhin hat das Gericht ja auch seinen Hauptantrag abgewiesen, weil der Zahnarzt vor allem medizinisch kooperieren wollte. Zugleich aber darf der Zahnarzt ja nun sowohl wirtschaftlich als auch medizinisch kooperieren, hat also den Inhalt beider Anträge zugesprochen bekommen und kann in Zukunft auch nur wirtschaftlich, nicht medizinisch kooperieren.

Hier wäre ein Vorgehen ohne Hilfsantrag mit Feststellungsbegehren der Zulässigkeit einer medizinischen Koorperation wohl sinnvoller gewesen.

Das Urteil: VG Stuttgart, MedR 2004, 634.