Erneut Jameda: OLG Hamm stärkt Ärzten den Rücken

Drei Wochen nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat sich nun auch das OLG Hamm mit dem Ärztebewertungsportal www.jameda.de befasst.

Das Portal ermöglicht registrierten Nutzern, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Nutzer können dies auch ohne Nennung ihres Klarnamens tun. Die Bewertung kann in Form einer Benotung und in Form von Text erfolgen.

Die Nutzungsrichtlinien der Beklagten sehen dabei vor, dass eine Bewertung mit schwerwiegenden Vorwürfen nicht veröffentlicht werden soll, weil das Portal keine Plattform für eine schwerwiegende Auseinandersetzung zwischen Ärzten und Patienten sein soll.

In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall ging es um eine in Essen ansässige Zahnärztin, die bei diesem Ärzteprofil im Rahmen eines „Gold-Profils“ registriert ist. Die Klägerin hat so die Möglichkeit, Nutzer des Internetportals umfangreich über sich durch Bilder und Texte zu informieren.

Im Juni 2017 gab eine Patienten eine Bewertung über die Klägerin auf dem Portal ab. Die Klägerin erachtete diese Bewertung als rechtswidrig. Die Angaben der Beklagten, bei denen sich herausstellte, dass es sich um die Bewertung einer Patientin der Klägerin handelte, hatte die Klägerin zuvor überprüft.

Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung der Bewertung, die auszugsweise wie folgt lautet:

Nicht vertrauenswürdig!

Die Kommunikation mit Frau … ist problematisch: Sie verzichtet auf die einfachen Komm.Grundregeln und eine Aufklärung/Beratung. Die Prothetik Lösungen von Frau … waren zum Teil falsch … Ich habe die Zahnärztin als eine herrische, sehr emotional auf Kritik reagierende Persönlichkeit kennengelernt.“

Im Rahmen der Bewertung gab die Patientin u.a. folgende Noten:

Behandlung 5,0“ „Aufklärung 5,0“ „Vertrauensverhältnis 6,0“

Das Landgericht Essen untersagte der Beklagten, bei der Patientenbewertung zu verbreiten, die Klägerin „verzichte auf eine Aufklärung/Beratung“ und „ihre Prothetik Lösungen seien zum Teil falsch“. Im Übrigen lehnte es den Unterlassungsantrag der Klägerin ab.

Die Beklagte sei aufgrund des zwischen ihr und der Klägerin geschlossenen Vertrages verpflichtet, die von Nutzern eingestellten Bewertungen auf Rechtsverletzungen zu überprüfen und diese bei Vorliegen einer Rechtsverletzung nicht (weiter) zu veröffentlichen.

Die gerichtlich untersagten Teile der Bewertung seien Tatsachenbehauptungen, die nach der hinreichend glaubhaft gemachten Darstellung der Klägerin falsch seien und die ihr erhebliche ärztliche Verfehlungen zur Last legten. Letztere dürfe die Beklagte bereits nach ihren eigenen Nutzungsbedingungen nicht veröffentlichen, unzutreffende Tatsachenbehauptungen zudem auch deshalb nicht, weil die die Klägerin rechtswidrig in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzten.

Einen Anspruch auf weitergehende Unterlassung habe die Klägerin nicht, weil es sich bei diesen Teilen um subjektive Wahrnehmungen der Patientin handele.

Die Beklagten begehrte mit ihrer Berufung gegen das Urteil des LG Essen die vollständige Abweisung des Unterlassungsantrags. Das OLG Hamm änderte die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert. Die Beklagte bleibt jedoch weiterhin dazu verurteilt, die Veröffentlichung, die Zahnärztin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung, zu unterlassen.

Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsprofils

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Ärztin die vollständige Löschung ihres Eintrags aus www.jameda.de, die Löschung ihrer auf der Internetseite www.jameda.de veröffentlichten Daten und die Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils verlangte.

Die Beklagte betreibt unter www.jameda.de ein Arztsuche- und Arztbewertungsportal, auf welchem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Die Beklagte bietet als eigene Informationen die sog. Basisdaten eines Arztes an. Hierzu zählen u.a. der akademische Grad, der Name, die Fachrichtung und die Praxisanschrift. Weiterhin sind Bewertungen abrufbar, die von Nutzern in Form einer Notenskala, aber auch in Form von Freitexten, abgegeben haben.

Neben diesem Basisprofil bietet die Beklagte den Leistungserbringern den Abschluss kostenpflichtiger Verträge an. In diesem Fall werden die Angaben um ein Foto und weitere Informationen ergänzt. Beim Aufruf eines Profils eines nichtzahlenden Arztes werden die Profilbilder unmittelbarer Konkurrenten gleicher Fachrichtung im örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten als „Anzeige“ eingeblendet.

Bei Ärzten, die sich auf der Seite der Beklagten kostenpflichtig registriert und ein Premium.Paket gebucht haben, blendet die Beklagte hingegen keine Konkurrenten bei Aufruf des Profils ein.

Die Klägerin wird bei der Beklagten als Nichtzahlerin gegen ihren Willen ohne Bild mit akademischem Grad, Namen, Fachrichtung und Praxisanschrift geführt. Ruft ein Nutzer das Profil der Klägerin auf, werden weitere (zahlende) Ärzte mit demselben Fachbereich und einer Praxis in der Umgebung zur Praxis der Klägerin eingeblendet. Neben der Note des jeweiligen anderen Arztes wird auch die Distanz zwischen der Praxis der Klägerin und der des anderen Arztes dargestellt.

Hiergegen wehrte sich die Klägerin nun vor dem BGH.

Dieser entschied, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Daten der Klägerin zu löschen. Die Speicherung der Daten der Klägerin war unzulässig. Die Beklagte hat mit ihrer Praxis ihre Stellung als „neutraler“ Informationsvermittler verlassen. Bei zahlenden Kunden unterrichtet die Beklagte, im Gegensatz zu den Basiskunden, die Nutzer nicht über Konkurrenz. Der BGH führte aus, dass sich die Beklagte bei einem derartigen Agieren nur in geringem Umfang auf ihr Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen könne. Das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer persönlichen Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) überwiege das Interesse der Beklagten.

Fortlaufende Rechnungsnummern nicht zwingend erforderlich

Ein Unternehmer, der seinen Gewinn mittels einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt, hatte keine fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet. Stattdessen hat er die Rechnungsnummern aus Buchungsnummern seiner Kunden und anderen Daten erstellt, die zwar nur einmalig vergeben wurden, aber nicht fortlaufend waren. Das Finanzamt sah sich nicht in der Lage, aus der diesen Nummern zugrunde liegenden EÜR die zu zahlende Einkommenssteuer genau zu berechnen und erhob deshalb einen Unsicherheitszuschlag.

Das hiergegen angerufene Finanzgericht Köln hob die Entscheidung des Finanzamtes auf. Es betonte, dass zwar die Pflicht bestünde, Betriebseinnahmen und -ausgaben in der EÜR einzeln aufzulisten und bei Bedarf dem FInanzamt erläutern zu können  – hierfür seinen jedoch keine fortlaufenden Rechnnungsnummern erforderlich. Das Finanzamt durfte den erhobenen Unsicherheitszuschlag in Höhe mehrerer Tausend Euro deshalb nicht erheben.

Dr. Dr. Ruppel Referent beim Fachanwaltslehrgang für Medizinrecht

Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel ist Referent beim Fachanwaltslehrgang für Medizinrecht des Anbieters „Arber Seminare“. Der Fachanwaltslehrgang findet in Hannover statt und beginnt am 05. April. Rechtsanwalt Dr. Dr. Ruppel wird im September zum Vertrags- und Gesellschaftsrecht der Heilberuf referieren.

Weitere Informationen gibt es direkt beim Anbieter ARBER Seminare.